Erntezeit: «Es geht durch unsre Hände»
Liebe Leserinnen und Leser
Am 15. Oktober feiern wir den Erntedankgottesdienst. Die Landfrauen Schwadernau werden das Kirchgemeindehaus schmücken und der Jodlerklub Edelweiss wird für die gesanglichen Beiträge besorgt sein.
Wir säen, wir pflegen, wir ernten, wir danken. In einem bekannten Choral heisst es:
«Es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott» (Reformiertes Gesangbuch 540).
Wenn wir dabei aber den Blick von den Äpfeln und Kartoffeln wegnehmen und auf uns selbst schauen, da stellt sich die Frage: Was hat jeder Einzelne in seinem Leben gesät, und was möchte er im Leben ernten? Natürlich ist es Gott selbst, der Wachstum und Gedeihen schenkt, und wir haben seine Zusage, dass er sich um den aufkeimenden Samen kümmern wird. Gleichwohl fragen wir uns bisweilen: «Welches Korn möchte ich meinem Lebensacker anvertrauen?» Und: «Was für eine Ernte möchte ich einfahren?» Freilich - danach ist uns nicht immer zumute.
«Carpe diem», «Pflücke den Tag», so sagten schon die Alten Römer. Und sie meinten damit: Es ist immer Erntezeit, selbst wenn wir in unserem Leben dem Winter entgegengehen. Nütze die vor Dir liegende begrenzte Spanne Zeit, pflücke sie wie eine reife Frucht, bringe immer wieder eine Ernte ein. Eine reiche Ernte heisst hier nicht unbedingt, dass man gleichsam auf einem Mähdrescher durchs Leben fährt, erfolgreich die Scheunen füllend, sondern manchmal heisst es einfach nur: «Pflücke!»: Pflücke diese eine Blume des Tages. Aber pflücke sie.
«Carpe diem» ist pures Evangelium, kein Gesetz. Es ist keine übergrosse Aufgabe, die nicht bewältigt werden kann, kein drohender Zeigefinger eines «Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen», sondern «Carpe diem» ist Zuspruch, Zusage, Angebot. Wie die Sanduhr nicht alle Körner auf einmal nach unten rieseln lässt, so sollen auch wir uns nicht alle Aufgaben des Tages auf einmal vornehmen. Stattdessen sollen wir, wie die Sanduhr den Tag, Körnchen für Körnchen an uns vorbeigleiten lassen, bewusst lebend und als Geschenk. Greifen wir zu! Jeder Tag liegt vor uns als ein Geschenk Gottes.
Matthias Claudius, Theologe und Dichter des bekannten Abendliedes «Der Mond ist aufgegangen», hat uns auch ein sehr tiefsinniges und schönes Lied zum Erntedank hinterlassen. Es findet sich im Gesangbuch unter der Nummer 540.
Wir pflügen und wir streuen
den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen
steht in des Himmels Hand:
der tut mit leisem Wehen
sich mild und heimlich auf
und träuft, wenn heim wir gehen,
Wuchs und Gedeihen drauf.
Er sendet Tau und Regen
und Sonn und Mondenschein
und wickelt seinen Segen
gar zart und künstlich ein
und bringt ihn dann behende
in unser Feld und Brot
es geht durch unsre Hände,
kommt aber her von Gott.
Was nah ist und was ferne,
von Gott kommt alles her,
der Strohhalm und die Sterne,
das Sandkorn und das Meer.
Von ihm sind Büsch und Blätter
und Korn und Obst von ihm
das schöne Frühlingswetter
und Schnee und Ungestüm.
Er lässt die Sonn aufgehen,
er stellt des Mondes Lauf;
er lässt die Winde wehen
und tut die Wolken auf.
Er schenkt uns soviel Freude,
er macht uns frisch und rot;
er gibt den Kühen Weide
und seinen Kindern Brot.
Refrain:
Alle gute Gabe
kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm dankt,
drum dankt ihm dankt
und hofft auf ihn.
Ich wünsche Ihnen einen prächtigen Herbst!
Patrick Moser, Pfarrer