Friede, Glaube, Liebe, Hoffnung
Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet, die erste Kerze brennt. Jeden Sonntag zünden wir in den nächsten Wochen eine weitere Kerze am Adventskranz an. Im Advent feiern wir etwas, das noch kommt. Advent ist eine Zeit des Wartens, Sehnens und Hoffens. Wir warten auf Licht im Dunkeln. Wir sehnen uns nach Gerechtigkeit und Frieden. Und wir hoffen, dass am Schluss alles gut kommt, sei es in der Familie, im Freundeskreis oder auf der Welt. Mit einer meiner Lieblingsgeschichten, deren Autor:in unbekannt ist, möchte ich Sie auf den Advent einstimmen:
Vier Kerzen brennen am Adventskranz. Draussen ist es ganz still. So still, dass man hört, wie die Kerzen miteinander zu reden beginnen. Die erste Kerze seufzt und sagt: „Ich heisse Frieden. Mein Licht gibt Sicherheit, doch die Menschen halten keinen Frieden. Sie wollen mich nicht.“ Ihr Licht wird kleiner und kleiner und verlischt schliesslich ganz. Die zweite Kerze flackert und sagt: „Ich heisse Glauben. Aber ich fühle mich überflüssig. Die Menschen glauben an gar nichts mehr. Es hat keinen Sinn, dass ich brenne.“ Ein Luftzug weht durch den Raum, und die zweite Kerze ist aus. Leise und sehr zaghaft meldet sich nun die dritte Kerze zu Wort: „Ich heisse Liebe. Ich habe keine Kraft mehr zu brennen, denn die Menschen sind zu Egoisten geworden. Sie sehen nur sich selbst und sind nicht bereit, einander glücklich zu machen.“ Und mit einem letzten Aufflackern ist auch dieses Licht ausgelöscht. Da kommt ein Kind ins Zimmer. Verwundert schaut es die Kerzen an und sagt: „Aber ihr sollt doch brennen und nicht aus sein.“ Da meldet sich die vierte Kerze zu Wort: Sie sagt: „Hab keine Angst, denn so lange ich brenne, können wir auch die anderen Kerzen immer wieder anzünden. Ich heisse Hoffnung.“ Mit einem kleinen Stück Holz nimmt das Kind Licht von dieser Kerze und erweckt Frieden, Glauben und Liebe wieder zu Leben.
Lassen Sie uns die vier Kerzen noch einmal aufleuchten. Die erste Kerze besingen die Engel bei den Hirten auf dem Feld: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden. Das Kind in der Krippe soll Frieden stiften, weshalb sein Name Friedensfürst lautet. Dies kann der innere oder zwischenmenschliche Friede sein. Darüber hinaus hoffen wir gegenwärtig auf gerechten Frieden auf der ganzen Welt.
Die anderen drei Kerzen lassen paulinische Worte anklingen: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Die grösste unter ihnen aber ist die Liebe. Glaube, Liebe und Hoffnung stehen für das, was unsere innere Kraft ausmacht. Glaube steht für all das, was uns Vertrauen ins Leben gibt. Für all das, was wir unserer Angst entgegenstellen können.
Liebe steht für das Kostbare, das wir in Beziehungen erleben können. Liebe steht für das Geheimnis, dass wir von anderen Menschen angezogen werden. Liebe steht für unsere Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit. Für die Sehnsucht, dass uns jemand so annimmt, wie wir sind. Die Liebe ist am grössten, sagt Paulus. Weil er glaubt, dass die Liebe einen Ursprung hat: Gott selber ist dieser Ursprung. Er selber ist Liebe.
Die Hoffnung steht für all das, was uns ermutigt, nach vorne zu schauen. Auch wenn wir nicht wissen, was uns dort erwartet. Die Hoffnung auf etwas, das bleibt, uns trägt und weitergeht. Sogar wenn die anderen Lichter auslöschen, brennt das Licht der Hoffnung weiter. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Solange ihr Licht brennt, können die anderen Lichter wieder angezündet werden. Eine hoffnungsvolle Adventszeit wünsche ich Ihnen.
Pfarrerin Simone Münch